WAS BLEIBT ANDERS? – HYBRIDE ARBEIT


WAS BLEIBT ANDERS? – HYBRIDE ARBEIT

Unsere Arbeitsformen haben sich bereits verändert. Ist das Büro, das wir kennen, ein Relikt aus der Vergangenheit? Die hybride Arbeit, d.h. Arbeiten von zu Hause und im Büro, wird uns als wichtiger Trend in den nächsten Jahren weiterhin beschäftigen.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Aufgaben aus der Ferne erledigt werden können – Remote Work ist möglich. Die Qualität und die Produktivität der Arbeit leiden nicht darunter. Die meisten Mitarbeitenden schätzen die Flexibilität die Remote Work bietet, vor allem diejenigen, die tägliche Pendlerzeiten von bis zu einigen Stunden bewältigen müssen.

Gleichzeitig benötigen die meisten Führungskräfte und Mitarbeitenden persönliche Interaktionen und persönlichen Kontakt um gute Beziehungen aufzubauen, Zusammenarbeit zu erleichtern, Kreativität zu ermöglichen und komplexe Herausforderungen gut zu bewältigen.

Kontinuierliche Fernarbeit verlängert den Arbeitstag, löst die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben auf und kann das psychische Wohlbefinden verringern. Eine umfangreiche Studie, die bereits im Sommer 2020 veröffentlich wurde, belegt, dass wir mehr Meetings mit mehr Teilnehmenden durchführen, dass sich die Dauer der Meetings verkürzt hat, aber auch, dass wir täglich bis zu 45 Minuten länger arbeiten.1)

Angesichts der Vor- und Nachteile müssen die Unternehmen Arbeit neu denken und auch ihre Arbeitsvereinbarungen müssen überdacht werden. Diese Neujustierungen werden zu neuen Formen und Orten der Zusammenarbeit führen.

Virtual First

Es wurden schon einige Lektionen gelernt. Unternehmen, welche die Arbeitsweise des „Virtual First“ erfolgreich anwenden, weisen folgende Merkmale auf:2)

  1. Der Arbeitsplatz ist auf Heim-, Büro- und Satellitenbüros verteilt. Die Mitarbeitenden können je nach Art der Arbeit und den Vorlieben der Teams wählen, ob sie remote oder im gemeinsamen Büro arbeiten wollen.
  2. Die Teams sind „virtuell bereit“. Die Teams können mit Autonomie und Transparenz gut umgehen. Sie treffen wesentliche Entscheidungen selbst. Die Führungskräfte wissen, wie sie ihre Teams aus der Ferne unterstützen können.
  3. Die Technologie ermöglicht mehrere Arbeitsmodi. Daten werden in der Cloud gespeichert. Zugang und Sicherheit sind auf verschiedene Arbeitsmodi zugeschnitten; Anwendungen ermöglichen eine nahtlose virtuelle Zusammenarbeit.
  4. Die Unternehmenskultur fördert Vertrauen und Zugehörigkeit. Zwischenmenschliche Kontakte und Bindungen werden mit Absicht und Sorgfalt hergestellt und gepflegt.

So plausibel die Merkmale klingen mögen, sie setzen bereits Vieles voraus. „Virtual First“ geht weit über die Einführung neuer Arbeitsweisen, Tools und Methoden hinaus.

Work-New-Charta

Ein schönes Beispiel für leitende Prinzipien der (Zusammen-)Arbeit liefert die Agentur „Zum goldenen Hirschen“ in Berlin.3) Hier ihre Work-New-Charta mit einigen Erläuterungen:

  1. Arbeit ist kein Ort.
  2. Das Büro bleibt ein radikal relevanter Ort.
  3. Wir bleiben in Verbindung.
  4. Wir vertrauen dem kreativen Kollektiv.
  5. Wir sind so frei.
  6. Wir suchen den besten gemeinsamen Nenner.

ad 1: Arbeit ist kein Ort.

Büros mit Empfang, Tischen, Stühlen, Stiften, Kaffeemaschinen bleiben. Aber es wird auch das Büro zu Hause oder Büros an anderen Orten geben. „Zusammen arbeiten heißt nicht mehr zwangsläufig zusammen sitzen. Zusammen halten, feilen, streiten, verwerfen, hirnen, wuppen, ackern … heißt es schon.“

ad 2: Das Büro bleibt ein radikal relevanter Ort.

Das ist das Bekenntnis zum physischen Office-Raum, den es (für sie) auch in Zukunft geben wird. „Ins Büro kommen wir, wenn es radikal relevant wird. Es ist Werkstatt oder Projektraum, wenn man Dinge gemeinsam oder allein erledigen muss. Es ist sozialer Raum, um mit Kollegen oder Kunden im Austausch zu sein oder gemeinsam Probleme zu lösen. Es ist Sehnsuchts- und Rückzugsort, wenn einem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. Aber es ist kein Ort, an dem man unbedingt sein muss, nur weil es noch in einem Vertrag steht.“

ad 6: Wir sind so frei.

„Freiraum und individuelle Entfaltung sind für jeden wichtig … wann und wo etwas erarbeitet wird, ist nicht mehr so entscheidend. Das Ergebnis zählt. Weniger Regeln bedeuten aber auch mehr Verantwortung für jeden Einzelnen. Freiheit hat ihre Grenzen, wo sie zu Lasten von Kollegen und/oder Kunden geht. Nur wenn Freiheit und Verantwortung zusammenspielen, sind wir mit Ernst bei der Sache und Spaß bei der Arbeit.“

Ergänzend noch zwei wichtige Zahlen

Weltweit ist Remote Work, also Arbeiten „aus der Ferne“, nur für ca. 20 % der Mitarbeitenden machbar. Die große Mehrheit kann nicht remote arbeiten. Abhängig von den Arbeitsinhalten und dem Entwicklungsstand der Industrie(nation) steigt der Anteil auf knapp über 40 %. Das heißt in Ländern wie den USA, Japan, Deutschland, Schweiz, Österreich usw. mit ihren entwickelten Wirtschaftssystemen können gesamthaft betrachtet 4 von 10 Menschen von zu Hause ihre Arbeit erledigen.4)

Die Zauberformel heißt hybride Arbeit, also Arbeiten im Büro, von zu Hause, aber auch in Büros irgendwo sonst.

Durch die vielen neuen Möglichkeiten wird die Komplexität in den Organisationen gerade wieder deutlich erhöht. Anspruchsvolle Veränderungen stehen bevor.

Die Unternehmenskultur wird stark in den Fokus rücken

Kultur ist die unsichtbare soziale Ordnung in einer Organisation – sie bestimmt, wie Menschen sich verhalten, wenn niemand zusieht. Daher wird sie in Zukunft noch bedeutsamer für das Lenken von Handlungen und Entscheidungen von Führungskräften und Mitarbeitenden sein. Unternehmen werden der Wichtigkeit von Kultur für Leistung und Engagement von Mitarbeitenden daher wachsende Aufmerksamkeit schenken.

Quellen

  1. https://www.bloomberg.com/amp/news/articles/2020-08-03/the-pandemic-workday-is-48-minutes-longer-and-has-more-meetings
  2. Roy, Indranil: How can companies become ‘virtual first’? https://www.bbc.com/worklife/article/20201023-coronavirus-how-will-the-pandemic-change-the-way-we-work
  3. https://hirschen.com/news/work-new-bei-den-hirschen
  4. https://www.mckinsey.com/featured-insights/future-of-work/whats-next-for-remote-work-an-analysis-of-2000-tasks-800-jobs-and-nine-countries?cid=-soc-lkn-mip-mck-oth—&sid=4382568177&linkId=108512095#