HANDLUNGSANLEITUNGEN FÜR ZUKUNFTSGESTALTER*INNEN
Welche Koordinaten verwenden wir beim Steuern von Organisationen und Abteilungen? Da für die Zukunft nicht alles eindeutig vorhersagbar ist, brauchen wir immer wieder gute Orientierungen, um angemessen entscheiden zu können. Aus der Komplexitätsforschung kommen dazu einige hilfreiche Modelle. Sie dienen uns als nützliche „Landkarten“ bei der Zukunftsgestaltung.
Uns gefällt die hier beschriebene Übersicht gut, weil diese den Gestaltungswillen der Gestalter*innen als wichtiges Kriterium mit berücksichtigt. Entscheidend ist nicht nur, welches Vorgehen der Grad der Komplexität einer Aufgabe erfordert, sondern es geht auch darum, wie ausgeprägt der „Gestaltungswille“ von uns Handelnden ist.
Wir wollen Ihnen hier eine kleine Handlungsanleitung liefern – was macht Sinn, um mit der Fülle der Aufgaben und Problemlagen vernünftig umzugehen. Dazu haben wir eine Darstellung aus der Welt von Effectuation und der Entrepreneurship-Forschung übernommen und leicht angepasst (vgl. Faschingbauer).
in Anlehnung an Faschingbauer, nach Wiltbank et al., 2017
Welcher Modus passt am besten zur vorliegenden Situation?
Im ersten Feld „Planung“ finden sich Aufgabenstellungen, die klar vorhersehbar sind. Der Zusammenhang von Ursache und Wirkung ist offensichtlich. Eine gute Analyse hilft, die unterschiedlichen Varianten zu entwickeln, um zu entscheiden und in der Folge in die Umsetzung zu gehen. Es handelt sich um Probleme, die bekannt sind, für die es einfache und gute Lösungen gibt. Die Lösung des Problems verlangt vergleichsweise wenig Know-how. Wir verwenden oft gut eingeübte Routinen um damit umzugehen.
Viele Herausforderungen, mit denen Sie als Führungskraft konfrontiert sind, fallen in diese Kategorie. Die Vorgehensweise lautet: analysieren, beurteilen und kategorisieren, handeln. Und genau das machen Sie oft: Als Führungskraft lassen Sie sich das Problem schildern, beurteilen es und reagieren darauf. Es gibt bekannte Abläufe und „gute Routinen“, an die Sie sich halten, um das Problem bestmöglich zu lösen.
In den drei folgenden Feldern können keine eindeutigen Aussagen über den Zusammenhang von Ursache und Wirkung gemacht werden – gegebenenfalls im Nachhinein. Teilweise wissen wir noch nicht mal, welche Fragen wir stellen müssen. Wir tappen im Ungewissen. Die Vorgehensweisen im Umgang mit der Ungewissheit sind andere als im „Planungs“-Feld.
Das zweite Feld lautet „Vision“. Ein klares Bild von der Zukunft, die wir gestalten wollen, zu haben, ist eine wichtige Ressource und Orientierung. Menschen mit Visionen machen Eindruck. Es wirkt, wenn Sie die Zukunft nach Ihren Vorstellungen formen und gestalten. Dafür wird ein attraktives Zukunftsbild benötigt. Die Umsetzung braucht Mut und Ausdauer, oft auch Macht und/oder Kapital – Sie benötigen unter Umständen einen „langen Atem“, um ans Ziel zu kommen.
Das nächste Feld ist „Anpassung“. Hier geht es darum, sich schnell neuen Situationen anzupassen und rasch zu lernen. Es gilt, sich fit für eine noch nicht bekannte Zukunft zu machen und zu bleiben. In der aktuellen Agilitätsdiskussion haben wir es mit diesem Feld zu tun: schnelle Rückkopplung durch den Kunden oder Anwender, Trial-and-Error, kurze Lernschleifen. Das erfordert Training. Es geht darum, in die eigene Fitness – als Unternehmen – zu investieren. Und es stellt sich die Frage nach dem richtigen Maß an Fitness: zu wenig trainiert, übertrainiert, die falschen Muskeln trainiert? Wieviel Training wird benötigt? Wieviel Prototyping, Tests und Experimente sind erforderlich? Wie viele „Bälle gilt es, in der Luft“ zu halten?
Das vierte Feld ist „Co-Creation“. Damit wird die Fähigkeit beschrieben, zusammen mit anderen Stakeholdern (Kund*innen, Lieferanten, aber auch internen Expert*innen) Neues zu entwickeln. Wo sind die Partner*innen, mit denen wir uns zusammentun? Das Motto lautet, „die Zukunft gemeinsam auszuhandeln“. Das ist vielleicht da und dort aufwändiger, weil es Entscheidungsprozesse mit mehreren Beteiligten benötigt. Es bietet die Chance, zu neuen, noch nicht dagewesenen Lösungen und Ansätzen zu kommen.
Prüfen Sie doch, in welches der Felder Ihre anstehenden Aufgaben und Entscheidungen am besten passen. Die Problemlage mit der entsprechenden Haltung und Vorgehensweise zu bearbeiten, kann Zeit „sparen“ und hilft der eigenen Ressourcensteuerung.
Quelle
Faschingbauer, Michael: Effectuation – Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln, 3. Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag 2017