Wer sich wundert, warum sich die Angestellten ins Homeoffice zurückziehen, hat das eigentliche Potenzial professioneller Arbeitswelten vielleicht noch gar nicht erkannt. Wir sollten uns mehr auf die User-Experience konzentrieren und das Büro endlich in eine menschenzentrierte Lernwelt verwandeln.
Organisationen haben nur eines im Sinn: Sie wollen überleben. Sie folgen als kollektive Akteure ihrer ganz eigenen Logik. Alles, was dem Überleben dient, wird als relevant erachtet. Was nicht, wird ausgeblendet. Regelsysteme, Technologien, Produktionsmittel: Alles existiert eigentlich nur, um das dauerhafte Fortbestehen der Organisation zu sichern.
Als soziale Systeme sind Organisationen Kulturen, die Menschen zeitlich überdauern, sie aber brauchen, um überhaupt zu funktionieren. Zum Menschen steht die Organisation in einem spannungsreichen Verhältnis: Einerseits ist sie auf Personen als wertschöpfend Tätige angewiesen. Organisationen brauchen Führungspersonal, Mitarbeitende, Fachleute und vieles mehr. Andererseits bringen Menschen mehr mit an ihre Arbeitsplätze, als die Organisation eigentlich braucht: Private Interessen, politische Überzeugungen, sexuelle Neigungen. Alles,was einen Menschen eben so ausmacht. Deshalb richtet die Organisation Erwartungen an die Person, um zu klären, was vom Menschsein im Sinne der Wertprozesse der Organisation funktionalisierbar ist, und was nicht. Genau genommen, richtet die Organisation ein ganzes Bündel von Erwartungen an die Menschen, die in ihr tätig sind. Diese Erwartungen sind teils offen ausgesprochen, teils unausgesprochen, implizit. Letztere werden sozusagen «unter der Ladentheke» durchgereicht. Sie sichern die bestehende Kultur und werden von den Trägern dieser Erwartungen meist erst im Laufe längerer Organisationszugehörigkeit verstanden – so manches Mal aber auch nie.
Der zwischen Organisation und Person geteilte Raum beschreibt die Rolle, die von der Organisation zugewiesen und vom Träger der Rolle – im Idealfall – verhandelt und übernommen wird. Damit verzichtet der Rollenträger auf bestimmte Aspekte seines Menschseins. Die bleiben zuhause. Für den entsprechenden Ausfall an Lebenszeit wird er meist finanziell kompensiert. Rollen sind immer nur temporär. Sie sind geliehene Identitäten.
Und so werden wir jeden Morgen mit dem Eintreten in die Organisation ein klein wenig zu jemand anderem. Faszinierend ist, dass der Übergang von der Privatperson zum/zur RollenträgerIn unbewusst funktioniert, obschon Rollen und Personen in erheblicher Spannung zueinander stehen können. Das gilt für einen Manager, der Entlassungen veranlassen muss ebenso wie für eine Polizistin, die eine Demonstration zu verhindern hat, obwohl diese ihren politischen Interessen entspricht. Subjektiv erlebt die Person das Leben in der Rolle allerdings als ebenso echt und wirklich wie das private Leben, weil Rollen nach einer gewissen Zeit in Fleisch und Blut übergehen. Aus Sicht der Betreffenden ist die Deformation Professionelle keine, im Gegenteil: Rollen in Organisation bereichern das Leben meist. Sie schützen ihre Träger, erlauben Zugehörigkeit, schaffen Rang und soziale Geltung. Rollen geben ihren Trägern Privilegien. Der Preis dafür ist allerdings hoch. Haltungen und Emotionen, die privat angemessen sein können (etwa Neid, Empörung oder Kränkung), werden in der Rolle zum Problem für den Inhaber. Schwierig wird es, wenn die Rolle mit der Person verwechselt wird, wenn also die Organisation für den Organisationsbewohner zum Zuhause wird und er etwa von der Führung erwartet, für sein Lebensglück verantwortlich zu sein.
Es menschelt in der Organisation. Rollentreues Verhalten ist für Führung und Mitarbeitende ein tägliches Ringen mit Befindlichkeiten. Natürlich fällt das umso schwerer, je mehr Leidenschaft und Engagement in der Rolle untergebracht sind. Kultur- und Kreativindustrie können davon ein Lied singen. Denn: Überengagement führt mittelfristig meist zu Enttäuschung. Da ist der Weg zu Burnout, Selbstviktimisierung oder innerer Kündigung nicht weit. In manchen Kulturen gehört Rollenentgrenzung zum Tagesgeschäft.
Moderne Organisationen haben großes Interesse, möglichst viel von der Person in Rollen und Funktionen umzumünzen («Do what you love»). Auf den ersten Blick durchbrechen sie damit die Rollenlogik, weil sie den Menschen vermeintlich in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen. Tatsächlich werden die Rollen hier mit pseudo-privaten Inhalten angereichert, die es den Betreffenden ermöglichen, sich rasch zu akklimatisieren. Moderne Rollen sind voller Emotionen.
Die Darstellung unten vereinfacht diese Zusammenhänge. Menschen sind immer Träger multipler, häufig sich widersprechender Rollen in- und außerhalb der Organisation. Mit steigender Komplexität wird es immer schwieriger für die Betreffenden, diese Rollen in gute Resonanz zu bringen. Die Grafik soll aber vor allem auf eines hinweisen: Rollenbewusstsein wird in einer sich rapide verändernden Welt immer wichtiger.
Abbildung aus: Ein anderes Ich, Zeitschrift für Organisationsentwicklung: 4/2019, Seite 5
Die systemische Perspektive auf die Rollenfrage ernüchtert: Hier die Organisation als selbstbezügliches System, dort der Mensch, der überhaupt nur zu einem Teil vom kollektiven Akteur Organisation wahrgenommen werden kann. Die Rolle repräsentiert hier denjenigen Teil des Menschen, den er der Funktionalisierung durch die Organisation anheim zu stellen bereit ist. Aber keine Sorge: Er wird ja — zumindest im Normalfall — für entgangenen Lebensgenuss kompensiert. Moderne Rollen sind zudem mit Vielem ausgestattet, was auch im nicht verzweckten Leben wesentlich ist: Mitgefühl, Leidenschaft oder auch Engagement. Deshalb fühlen sich moderne Rollen in Organisationen oft auch an wie echtes Leben.
Was macht langlebige Familienunternehmen erfolgreich? Bei aller Heterogenität der Familienunternehmen zeigen sich Muster und Kompetenzen, die Langlebigkeit befördern. Der amerikanische Forscher Dennis T. Jaffe hat weltweit 100 Unternehmerfamilien analysiert, die seit mindestens 100 Jahren „Familienunternehmertum“ praktizieren.1)
Vor einigen Jahren hatten wir hier schon einen Beitrag zur Krise.1 Das war in der Weltfinanzkrise von 2008/9. Die Rede war vom Ende des Neoliberalismus. Davon wird heute wieder geredet. Die meisten Stimmen sagen allerdings, dass wir unsere Systeme, v.a. das ökonomische, zwar behutsam, aber doch schnell wieder hochfahren sollten und darauf achten sollten, dass die Wirtschaft wieder so wie vorher läuft. Einige wenige sehen eine Chance bzw. ein „Muss“ darin, genau jetzt etwas zu verändern und ein nachhaltigeres gesellschaftliches und ökonomisches System aufzubauen.
Welche Koordinaten verwenden wir beim Steuern von Organisationen und Abteilungen? Da für die Zukunft nicht alles eindeutig vorhersagbar ist, brauchen wir immer wieder gute Orientierungen, um angemessen entscheiden zu können. Aus der Komplexitätsforschung kommen dazu einige hilfreiche Modelle. Sie dienen uns als nützliche „Landkarten“ bei der Zukunftsgestaltung.
Ein Klassiker! – Hierarchie und Selbstorganisation gehören zusammen. Aber derzeit ist vor allem Selbstorganisation in aller Munde. Die Anforderungen der Märkte und Kunden verlangen mehr Flexibilität und schnelleres Handeln. Die Digitalisierung erhöht Tempo, Transparenz und Individualisierung.
„Die Welt ist kaputt.“ So plakativ und eindrücklich beginnt Joel Luc Cachelin,1 Leiter des thinktanks Wissensfabrik in der Schweiz, sein kleines Büchlein.
„Stellen Sie sich vor, es ist das Jahr 2006. Sie haben eine Million Euro als Investmentkapital zur Verfügung und suchen nach einem vielversprechenden Start-up. Sie kommen in Kontakt mit einem jungen Gründer und der pitcht Ihnen seine Idee.
Agilität ist in aller Munde. Aber was heißt es eigentlich?
Die Welt, in der wir leben und arbeiten, verändert sich stark. Wimmer beschreibt drei unterschiedliche, zentrale Treiber, die auf die Organisationen wirken:
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